Ballistische Unterziehweste SK1

  • Hallo,


    Ich würde gern eine Schutzweste SK1 als Unterziehweste benutzen.
    Das sollte gegen gegen gängige Gefährdung völlig ausreichen.
    Plattensysteme wären sicherlich übertrieben und viel zu unbequem.


    Ins Auge gefasst habe ich sowas:

    Code
    https://bestprotection.de/shop/Koerperschutzsysteme/Schutzwesten/Unterziehschutzwesten/BURGMANN-VSDG/ballistische-Schutzweste-Burgmann-SK1-Gr-S-seo-4.html?listtype=search&searchparam=burgmann


    Mein problem ist allerdings, das ich nicht besonders groß bin und relativ füllig.


    Größe 165 cm
    Brust: 116 cm
    Bund: 110 cm
    Hüftumfang: 113 cm


    Von der größe her, wäre das sicherlich S, von den Maßen L/XL.
    Wie flexibel sind diese Unterziehwesten wirklich (bzw. die Klettverschlüsse)?
    Sollte ich nach der Größe oder dem Umfang gehen?


    Vielen Dank

  • Hallo noch eine Ergänzungsfrage:


    Behindern diese Unterziehwesten stark bei mittlerer körperlicher Arbeit (Maschinen bedienen)?
    Ab welcher Temperatur wird es ein Problem die Weste zu tragen (unangenehm bzw. starkes Schwitzen)?


    Ich habe gelesen das diese nicht auf dem Gürtel aufliegen sollten, also müsste es vermutlich eine kurze für mich sein, bleibt die Frage ob sich das mit den Klettverschlüssen noch ausgeht.


    Danke für eure Erfahrungswerte schonmal vorab.

  • Ab wann das tragen einer Weste unangenehm wird.... entscheidet jeder für sich selbst... denkt man darüber nach sie dann vielleicht mal abzulegen, kann man sich Kauf und Tragen gleich sparen....


    Fahr in ein Geschäft und probier Westen an (z.B. Enforcer bei Karlsruhe), dann hast du nicht nur eine sinnige Beratung an der Seite, sondern weiss auch gleich wie es sich anfühlt verpackt zu sein.

  • Zitat von BGinner


    Wie flexibel sind diese Unterziehwesten wirklich (bzw. die Klettverschlüsse)?


    Die Seitenteile der Weste sollten unbedingt ein Stück überlappen, sonst entsteht eine ballistische Lücke.


    Zitat von BGinner


    Von der größe her, wäre das sicherlich S, von den Maßen L/XL.


    Sollte ich nach der Größe oder dem Umfang gehen?


    Bei solch'... ich nenne sie mal "individuellen Körpermaßen" :wink: , sollte man eher zu einer Maßweste greifen. Mit etwas "von der Stange" wird man da kaum zurecht kommen.


    Letztendlich solltest Du Dir sowieso überlegen, ob Du wirklich eine Schutzweste benötigst oder nicht.
    Wenn ja, sollte sie Dir eigentlich Dein Arbeitgeber stellen (Prämiemprogramm der VBG nutzen!).
    Wenn nein, dann kannst Du Dir eine gebrauchte(!) Weste unbekannten Zustands in einer Größe, die Dir vermutlich nicht korrekt passen wird, eigentlich auch sparen.


    Letztendlich geht es da aber auch "nur" um eine Preisdifferenz von ca. 300-400 Euro zwischen dem Ding aus Deinem Link und einer neuen Maßweste eines Markenherstellers, wenn man nicht unbedingt die teuersten Schutzeinlagen (je teurer, desto bessere Flexibilität, geringeres Gewicht, dünner). Wenn man wirklich eine entsprechende Gefährdungslage hat, sollte einem das das eigene Leben schon wert sein.


    Zitat von BGinner

    Hallo noch eine Ergänzungsfrage:


    Behindern diese Unterziehwesten stark bei mittlerer körperlicher Arbeit (Maschinen bedienen)?
    Ab welcher Temperatur wird es ein Problem die Weste zu tragen (unangenehm bzw. starkes Schwitzen)?


    Das ist auch eher ein individuelles Ding. Ich habe mit Schutzwesten auch bei 40 Grad im Schatten gearbeitet und bin - genügend Flüssigkeitszufuhr und gelegentliche Abkühlungsmöglichkeit vorausgesetzt - damit gut zu rechtgekommen. Ein brauchbares Funktionsshirt drunter (Flüssigkeitstransfer, ggf. auf Flammhemmung achten) hilft, mit hohen Temperaturen zurechtzukommen.


    Wichtiger ist IMHO eher der bequeme Sitz, insbesondere im Sitzen. Ich habe verschiedene Westen für verschiedene Anwendungsgebiete (z.B. mehr Abdeckung an Seiten und Bauch für "offenes" Arbeiten, dafür unbequem für lange Autofahrten; bzw. höherer Schutz durch zusätzliche Platten mit etwas höherem Schnitt der Schutzpakete und entsprechender Hülle, damit kann man auch 2.000 km am Stück im Fahrzeug sitzen).


    Wie Fump das schon ganz richtig gesagt hat:


    Eine Weste, die nicht bequem ist, trägt man nicht.
    Eine Weste, die man nicht trägt, braucht man nicht kaufen.

  • Zitat von Peter S.


    Die Seitenteile der Weste sollten unbedingt ein Stück überlappen, sonst entsteht eine ballistische Lücke.


    Braucht man diese überlappenden Seitenteile überhaupt?
    Ich habe das Konzept einer Schutzweste so verstanden, dass sie die Aufgabe hat, die Wahrscheinlichkeit von schweren Verletzungen zu verringern. Und wenn da irgendwo an der Seite eine ballistische Lücke entsteht, dann ändert sich die Wahrscheinlichkeit nur marginal, da von der Stelle die wichtigen Organe nicht verletzt werden können.


    Mich würde mal eure Meinung zu folgendem Video interessieren:
    https://www.youtube.com/watch?v=iAKuliBTJ3U


    Das Video ist vom Hersteller AR500, der Schutzwesten (Plate Carrier + Einlagen) herstellt. In dem Video zeigen die auch ganz deutlich, dass es bei der Weste darum geht, die oberen Organe zu schützen, aber z.B. nicht den Bauch.

  • Zitat von D_R

    Braucht man diese überlappenden Seitenteile überhaupt?
    Ich habe das Konzept einer Schutzweste so verstanden, dass sie die Aufgabe hat, die Wahrscheinlichkeit von schweren Verletzungen zu verringern. Und wenn da irgendwo an der Seite eine ballistische Lücke entsteht, dann ändert sich die Wahrscheinlichkeit nur marginal, da von der Stelle die wichtigen Organe nicht verletzt werden können.


    Leber, Niere und Lungen sind nicht wichtig?


    Die Angriffsrichtung einer Schussverletzung muss nicht immer von vorne sein.
    Selbst bei einem Angriff von vorne können Stich- und Schnittverletzungen auch von der Seite kommen, abhängig von der Kampftechnik des Angreifers (so er denn eine hat).


    Insofern hast Du das Konzept einer Schutzweste evtl. noch nicht so ganz verstanden.
    Du solltest mindestens mal zwischen einem flächigen SK1-Schutz und (naturgemäß) recht kleinen und vor allem steifen Platten für Plattenträger o.ä. differenzieren.


    In diesem Thread hier geht es um ersteres.


    Aber auch in Deinem Video befinden sich Seitenplatten im Plattenträger und es wird von einem optionalen Bauchpanel zu dessen Schutz gesprochen.


    Aber klar, man kann auch bewusst auf etwas Schutz verzichten um dafür z.B. mehr Beweglichkeit zu erhalten (klassisches Beispiel: SK3 oder SK4?) oder um die Kosten niedrig zu halten. BSST hat da z.B. eine sehr günstige Schutzweste für das Sicherheitsgewerbe entwickelt, die einen EVK von grade mal 199 Euro hat (minus ggf. 40% durch das VBG-Prämienverfahren). Die ist deswegen so günstig, weil man bewusst auf die seitliche Überlappung verzichtet, dadurch etwas weniger Material benötigt und durch die für den Hersteller günstigere Schnittform weniger Verschnitt produziert wird. Da muss man dann halt entscheiden, was es einem wert ist. Besser sowas als gar keine Weste? Klar! Besser eine Weste mit Überlappung als eine ohne? Genauso klar. Irgendwo dazwischen liegt man dann mit dem eigenen Budget.


    Zitat von D_R


    Mich würde mal eure Meinung zu folgendem Video interessieren:
    https://www.youtube.com/watch?v=iAKuliBTJ3U


    Das Video ist vom Hersteller AR500, der Schutzwesten (Plate Carrier + Einlagen) herstellt. In dem Video zeigen die auch ganz deutlich, dass es bei der Weste darum geht, die oberen Organe zu schützen, aber z.B. nicht den Bauch.


    Vorneweg erst einmal ein paar Anmerkungen zu AR500:


    AR500 sind simple Stahlplatten mit entsprechendem Gewicht. Letztendlich ist das die Billigst-Lösung für Leute, die eigentlich gar keine Schutzweste benötigen, aber gerne eine hätten, weil...
    Durch die kleinen Abmessungen (ca. 25x30 cm) kann nur ein kleiner Teil des Torsos geschützt werden. Daneben hat so ein Plattenträger mit nur 2 Hauptplatten überhaupt keinen Schutz, wenn nicht noch eine ordentliche SK1/NIJ IIIA-Weste drunter getragen wird. Wollte man mit AR500 eine vergleichbar geschützte Fläche erreichen, würde man ziemlich unbeweglich und würde viel Gewicht mit sich herumschleppen, da man Seitenplatten, Bauschschutz, etc. zusätzlich benötigt. Alleine eine 10"x12" Platte NIJ III AR500 (sogar noch im Shooters Cut) wiegt mit 8 lbs. schon über 3,5kg. Soviel wiegen zwei NIJ III+ HB300-Platten nichtmal zusammen. Eine "echte" SK4 Keramikplatte aus modernen Materialien wiegt grob die Hälfte von dem Stahlschrott bei nochmal deutlich besserer Schutzwirkung. Einziger Vorteil von AR500 ist, dass diese Platten mehr oder minder "unendlich viele" Treffer unterhalb ihrer Schutzklasse aushalten (und natürlich auch schlechte Behandlung durch geringqualifiziertes Personal besser überstehen), ohne ihre Schutzwirkung zu verlieren. Aber im Kugelhagel sollte man aus vielfältigen Gründen trotzdem nicht stehenbleiben.


    Dass man bei steifen Platten keine Möglichkeit hat, den Bauch zu schützen, ohne fast alle Beweglichkeit zu verlieren, sollte eigentlich selbsterklärend sein. Daher schützt man mit AR500 üblicherweise auch keine großen Flächen und beschränkt sich auf reine Plattenträger.
    Das machen dann üblicherweise Typen, deren primäre Bedrohungslage es ist, dass sie sich selbst oder ihre Kumpels auf dem Schiessstand anschiessen.
    Ansonsten machen Plattenträger primär da Sinn, wo als Bedrohung primär mit Beschuss aus Langwaffen gerechnet werden muss und wo kaum mit Splitterwirkung zu rechnen ist. Also Deutschland schonmal nicht.

    Trägt man eine richtige Weste mit SK1-Weichballistik mit Einschüben für Platten, geht diese auch tiefer als ein reiner Plattenträger, sollte aber eben je nach Anwendung (primär stehende Tätigkeit vs. primär sitzende Tätigkeit) auch nur soweit nach unten gehen, dass noch genügend Mobilität und Komfort gegeben ist, dass die Weste auch getragen wird.

  • Zitat von Peter S.


    Wenn ja, sollte sie Dir eigentlich Dein Arbeitgeber stellen (Prämiemprogramm der VBG nutzen!).


    Um die erste positive Erfahrung damit noch einmal zu teilen:


    Seit dem 01. August 2015 hat die VBG ein neues Prämienverfahren in's Leben gerufen, mit dem Maßnahmen zum Arbeitsschutz honoriert werden.


    Für Sicherheitsunternehmen wird dabei die Beschaffung von Besonderer Persönlicher Schutzausstattung, unter anderem eben auch die Beschaffung von Stich- und Beschusshemmenden Westen mit 40% des Nettoinvestitionsbetrages prämiert.


    http://www.vbg.de/DE/3_Praeven…aemienverfahren_node.html


    Der Prämienantrag muss bis zum 11.02. des Folgejahres bei der VBG eingegangen sein. Ich habe unseren Antrag Anfang vorletzter Woche abgeschickt und Anfang dieser Woche kam bereits die Zusage über die Bewilligung der Prämie im beantragten Umfang.


    Zumindest für 2016 werden die gleichen Maßnahmen gefördert wie 2015, §38a der Satzung der VBG sieht aber vor, dass die Eignung der Maßnahmen nach einem Zeitraum von 2(?) Jahren überprüft wird und bei Nichteignung werden diese ggf. ausgetauscht. Insofern sollte man auf Nummer sicher gehen und geplante Anschaffungen in 2016 tätigen bzw. dieses Jahr darüber nachdenken und sich schnell entscheiden.


    Für unsere Branche ist das IMHO eine Top-Leistung der VBG, die es den Unternehmern erleichtert, den Mitarbeitern wirklich hochwertige Ausrüstung zur Verfügung zu stellen!

  • Guten Morgen,


    da du ja bereits deine Erfahrungen mit der VBG hier geteilt hast, magst du evtl. uns auch verraten, welches Produkt du gekauft hast?


    Aber lass uns doch ein Mal über das Thema Schutzwesten im Allgemeinen sprechen. Welche Funktion im Sinne des Arbeitsschutzes erfüllt eine Schutzweste deiner Meinung nach? Zumindest ich vertrete die Meinung, dass eine Schutzweste quasi das letzte Mittel ist, mit dem man sich schützen sollte. Sie greift dann evtl. ein, wenn alle anderen Mittel (Achtsamkeit, SV, etc.) versagt haben. Ich sehe momentan immer wieder, dass Leute in Situationen geschickt werden, in denen sie z.B. mit Messern angegriffen werden können, die Verantwortlichen lassen den Arbeitnehmer dann einfach eine Schutzweste anziehen und sagen, dass er nun safe ist anstatt in SV oder in Abwehrmittel zu investieren.


    Aber bleiben wir noch mal kurz bei den Schutzwesten und deren Funktion.


    Was ist denn deiner Meinung nach die Funktion einer Schutzweste, wenn wir davon ausgehen, dass auf uns geschossen wird? Soll die Schutzweste das Leben des Trägers schützen oder ihn vor Verletzungen bewahren?


    Wenn ich mir die Deformation der Plasteline-Blöcke anschaue, die beim Beschuss der Schutzeinlagen entstehen, dann dürfte eine solche Weste wohl das Leben retten, ein Treffer macht trotzdem mächtig Aua.


    Also möchte sich der Träger einer solchen Weste vor dem Tod oder schweren Verletzungen schützen. Die Wahrscheinlichkeit für einen tödlichen Schuss ist grob gesagt die kumulierte Wahrscheinlichkeit aus:


    • Man wird angegriffen
    • Die Angreifer schießen
    • Man wird getroffen
    • Treffer ist tödlich


    Die ersten beiden Faktoren lasse ich jetzt mal außen vor. Wobei man da als SMA auch sehr viel dran drehen kann.


    Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand getroffen wird, kann ich nicht beurteilen. Wird wohl auf den Schützen ankommen. Wenn ich mir aber die Vorfälle aus jüngster Zeit anschaue, dann wohl nicht sehr hoch.


    Bleibt noch der letzte Faktor, dass man getroffen wird und der Treffer tödlich ist. Da geben die US Behörden Faktoren heraus, dass etwa 30% aller Treffer mit Kurzwaffen und 70% aller Treffer mit Langwaffen tödlich waren.


    Kommen wir nun mal zurück zur Weste. Eine SK1 Weste wird uns nicht wirklich vor Langwaffen schützen, also kann sie nur den Faktor 0.3 bei Kurzwaffen drücken, aber auch nicht auf Null, da die Arme und Beine, der Unterleib und der Kopf frei sind. So grob geschätzt würde ich sagen, dass man den Faktor auf 0.1 schon drücken kann. Da die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines tödlichen Schusses aber eine kumulierte Wahrscheinlichkeit ist, ist die Auswirkung der Weste relativ gering. Und ob die jetzt seitlich überlappt oder nicht oder 5cm länger oder kürzer ist, dürfte (mathematisch) für den Ausgang einer Situation kaum von Bedeutung sein.


    Oder siehst du das anders?

  • Zitat von D_R


    da du ja bereits deine Erfahrungen mit der VBG hier geteilt hast, magst du evtl. uns auch verraten, welches Produkt du gekauft hast?


    Verschiedene Schutzwestenkombinationen von BSST für verschiedene dienstliche Anforderungen.


    Zitat von D_R


    Aber lass uns doch ein Mal über das Thema Schutzwesten im Allgemeinen sprechen. Welche Funktion im Sinne des Arbeitsschutzes erfüllt eine Schutzweste deiner Meinung nach? Zumindest ich vertrete die Meinung, dass eine Schutzweste quasi das letzte Mittel ist, mit dem man sich schützen sollte. Sie greift dann evtl. ein, wenn alle anderen Mittel (Achtsamkeit, SV, etc.) versagt haben. Ich sehe momentan immer wieder, dass Leute in Situationen geschickt werden, in denen sie z.B. mit Messern angegriffen werden können, die Verantwortlichen lassen den Arbeitnehmer dann einfach eine Schutzweste anziehen und sagen, dass er nun safe ist anstatt in SV oder in Abwehrmittel zu investieren.


    Vorneweg:


    Schutz setzt sich aus aktiven und passiven Schutzmaßnahmen zusammen.


    Eine Schutzweste ist eine passive Schutzmaßnahme. Ich nehme einen Betrag X in die Hand, investiere diesen in eine ausreichend bequeme, für die dienstlichen Anforderungen bezüglich der Schutzklasse bevorzugt leicht überdimensionierte Schutzweste und sorge dafür, dass der Mitarbeiter diese anzieht (am besten freiwillig, weil er versteht, warum). Das ist der "einfachste" Weg, einen gewissen Schutz zu erreichen, sowohl auf der Zeitachse als auch bezüglich der monetären Investition. Natürlich hilft eine Schutzweste alleine nur bedingt.


    Aktive Schutzmaßnahmen erfordern Intellekt und ggf. recht umfangreiche Ausbildung. Das kostet (Arbeits-)Zeit und Geld. Wenn man Selbstverteidigung beherrschen und nicht nur kennen oder vielleicht können will, dauert das Jahre. Üblicherweise hat man in unserer Branche realistisch betrachtet weder die zeitlichen noch finanziellen Ressourcen, hier ein ausreichendes Niveau zu erreichen. Entweder muss der Mitarbeiter dieses Können bereits (in einem gewissen Maße) mitbringen oder interessiert sich persönlich dafür und investiert seine private Zeit (so denn noch viel übrig ist) dafür. Trotzdem gibt es hier keinen direkten Zusammenhang zur Schutzweste. Ein in SV geübter Mitarbeiter ohne Schutzweste ist schlicht und einfach schlechter geschützt als der in SV geübte Mitarbeiter mit Schutzweste. Umgekehrt ist der ungeübte Mitarbeiter aber mit einer Schutzweste immer noch besser geschützt als der Mitarbeiter ohne SV-Kenntnisse und ohne Weste.


    Auch der ordnungsgemäße Gebrauch von Abwehrmitteln will gelernt sein, was wiederum Aufwände bedeutet. Diese müssen (realistisch: sollten...) investiert werden, wenn man die Mitarbeiter damit ausstattet. Das ist aber unabhängig davon, ob man eine Schutzweste trägt oder nicht.


    Und um einen ausreichend aufmerksamen, präventiv und umsichtig handelnden Mitarbeiter einsetzen zu können, benötigt man eine entsprechende Personalauswahl und eine Kostenstruktur des Auftrages, die es auch ermöglicht, solches Personal leistungsgerecht zu entlohnen. Auch hier sehe ich keine direkte Abhängigkeit zur Schutzweste.


    Ja, für einen umfassenden Schutz der Mitarbeiter sollte alles vorhanden sein. Das Prämienprogramm der VBG hilft zumindest beim Aspekt der Schutzweste und bietet damit mehr finanziellen Spielraum bei den anderen Aspekten.


    Zitat von D_R


    Was ist denn deiner Meinung nach die Funktion einer Schutzweste, wenn wir davon ausgehen, dass auf uns geschossen wird? Soll die Schutzweste das Leben des Trägers schützen oder ihn vor Verletzungen bewahren?


    Die Schutzweste hat mehrere Funktionen:


    Sie kann die Wirkung von Schlägen auf die geschützte Körperregion deutlich reduzieren.
    Sie kann - auch wenn sie keine dedizierte Schnittschutz- oder gar Stichschutzweste ist - die Auswirkungen von Schnitten und Stichen reduzieren. Besitzt sie entsprechende Einlagen (verbunden mit dem Nachteil höheren Gewichts, geringerer Beweglichkeit und erhöhter Auffälligkeit), kann sie sogar sehr sicher vor Schnitten und Stichen im abgedeckten Bereich schützen.
    Und last not least kann sie die Wirkung von Beschuss auf die geschützte Körperregion deutlich reduzieren.
    Alleine wenn eine penetrierende Wunde vermieden werden kann und die Auswirkungen auf Knochenbrüche und stumpfe Traumata beschränkt bleiben, hilft das schon. Im Allgemeinen helfen Schutzwesten dabei, auch merklich länger handlungsfähig zu bleiben, womit der Träger in die Lage versetzt wird, seine Notwehrhandlungen entsprechend besser durchzuführen.


    Sie reduziert also die Auswirkungen von Verletzungen bis hin zur vollkommenen Vermeidung und schützt damit das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Trägers.

    Zitat von D_R


    Wenn ich mir die Deformation der Plasteline-Blöcke anschaue, die beim Beschuss der Schutzeinlagen entstehen, dann dürfte eine solche Weste wohl das Leben retten, ein Treffer macht trotzdem mächtig Aua.


    Das hängt vom Westentyp und vom genutzten Aufbau ab. Welche Traumawerte haben die Schutzeinlagen? Werden zusätzliche Traumaeinlagen verwendet? Werden ggf. zusätzliche Platten höheren Schutzniveaus genutzt, um die Traumawerte zusätzlich zu verringern?
    Wir nutzen z.T. Westen, mit denen ich mich bedenkenlos mit Kurzwaffenmunition beschiessen lassen würde - zumindest von den Kollegen, von denen ich weiss, dass sie treffen worauf sie schiessen.



    Keiner sagt, dass die Schutzweste alleine steht (von Dir hier abgesehen).
    "Schutz" ist wie gesagt die Gesamtheit aus verschiedenen aktiven wie passiven sowie organisatorischen Maßnahmen.


    Zitat von D_R


    Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand getroffen wird, kann ich nicht beurteilen. Wird wohl auf den Schützen ankommen. Wenn ich mir aber die Vorfälle aus jüngster Zeit anschaue, dann wohl nicht sehr hoch.


    Das hängt wohl stark von Art und Inhalt des Auftrages ab.
    Es gibt in dieser Branche durchaus Gefährdungslagen, bei denen von gut ausgebildeten Tätern ausgegangen werden muss. Dass es nicht allzuoft scheppert, ist sicherlich angenehm, aber eben doch kein Garant dafür, dass es morgen dann doch einen selbst oder einen Mitarbeiter trifft. Im europäischen benachbarten Ausland geht's diesbezüglich durchaus auch heute schon etwas strammer zu.



    Zitat von D_R


    Bleibt noch der letzte Faktor, dass man getroffen wird und der Treffer tödlich ist. Da geben die US Behörden Faktoren heraus, dass etwa 30% aller Treffer mit Kurzwaffen und 70% aller Treffer mit Langwaffen tödlich waren.


    Kommen wir nun mal zurück zur Weste. Eine SK1 Weste wird uns nicht wirklich vor Langwaffen schützen, also kann sie nur den Faktor 0.3 bei Kurzwaffen drücken, aber auch nicht auf Null, da die Arme und Beine, der Unterleib und der Kopf frei sind. So grob geschätzt würde ich sagen, dass man den Faktor auf 0.1 schon drücken kann


    Von einigen Nischengeschäftsfeldern abgesehen, ist die primäre Bedrohung in Deutschland die illegale Kurzwaffe, wir sind hier nicht in den USA. Insofern sind Deine angenommenen Zahlen für Deutschland nicht anwendbar. Da dürfte der Faktor der unter Anwendung von Schusswaffen verübten Straftaten (unabhängig, ob Schüsse abgegeben wurden oder nicht) eher 95+% zugunsten der Kurzwaffe liegen. Für die allermeisten Anwendungen reicht eine SK1-Weste also aus.
    Und wenn nicht, sind NIJ III+ / SK3 Westen heute nicht mehr so sperrig wie vor einigen Jahren und lassen sich bei geeigneter Wahl der Oberbekleidung auch verdeckt tragen (auch wenn ein professioneller Beobachter vielleicht noch was merkt, der Normalbürger bekommt davon nix mit). Ob man soetwas benötigt, sollte man im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eruieren.


    Zitat von D_R


    Da die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines tödlichen Schusses aber eine kumulierte Wahrscheinlichkeit ist, ist die Auswirkung der Weste relativ gering. Und ob die jetzt seitlich überlappt oder nicht oder 5cm länger oder kürzer ist, dürfte (mathematisch) für den Ausgang einer Situation kaum von Bedeutung sein.


    Da Du von der (falschen) Annahme ausgehst, dass eine Schutzweste nur eine einzige Funktion hat, ist der von Dir gezogene Schluss auch falsch.


    Grade zum Schutz vor Messerattacken ist die Abdeckung des Körpers im Bereich der vitalen Organe wichtig. Der Schutz der Seiten und des Bauches hat hier besondere Bedeutung, da einige Angreifer hier sonst "um die Schutzweste herum" arbeiten. Da ist jeder zusätzlich geschützte Quadratzentimeter hilfreich, bringt aber die Nachteile verringerter Mobilität und verringerten Komforts. An irgend einem Punkt muss man dann einen bewussten Kompromiss eingehen.


    Aber auch der Schutz vor den Auswirkungen von Schlägen ist nicht zu unterschätzen, da er dem Träger zusätzliche Handlungsoptionen bietet. Beispiel aus der Vergangenheit: Wenn ich weniger Aufmerksamkeit auf den Schutz meines Sternums richten muss, weil sich davor eine Titanplatte befindet, kann ich mich auf andere, aktivere Maßnahmen zur Beendigung des Angriffes konzentrieren und komme aus einer reaktiven Situation schneller und einfacher heraus. Der Angreifer hat sich irgendwas in der Hand gebrochen und doof geguckt, ich hab' den Schlag kaum gemerkt.


    Natürlich darf eine Schutzweste kein falsches Gefühl der "Unverwundbarkeit" vermitteln und ist auch kein Allheilmittel. Aber in Summe sehe ich den Nutzen einer Weste (deutlich) über dem Niveau von "mathematisch kaum von Bedeutung".


    Die "soften" Effekte wie Aussenwirkung, Abschreckung und Festigung des sicheren Auftretens lasse ich bei dieser Betrachtung mal aussen vor.


    Zitat von D_R


    Oder siehst du das anders?


    Wie Du siehst: Ja.

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