Zwang, Gewalt, etc.

  • Hallo Leute,


    zunächst einmal entschuldigt bitte meine schwammige Formulierung. Ich habe gerade eine Auseinandersetzung mit einigen Leuten hier. Es geht um das Thema Zwang. Die behaupten doch felsenfest, dass wir im Sicherheitsdienst unmittelbaren Zwang anwenden und dass für uns das UZwG gilt. Ich denke mal, dass hier uns hier im Forum einig sind, dass es nicht so ist.


    Doch wie nennt man das, was wir anwenden?


    Und ja, ich weiß, ich müsste es besser wissen. In meiner § 34a mündlichen Prüfung war folgende Situation:
    Ich bin auf Streife in einem Einkaufszentrum. Auf dem Boden sitzt eine Person mit ausgestreckten Beinen, so dass andere ihm umgehen müssen. In der Prüfung habe ich dann gesagt, dass der Herr weg muss, weil andere über ihn stolpern könnten und bei Gefahrsituationen über seine Beine fallen, wenn er nicht schnell genug wegkommt. Okay, jetzt ist die Frage, wie man den Herren rechtlich da wegbekommt.


    Wenn ich es richtig verstehe, entweder über §34 oder 35 StGB oder mit Erteilung des Hausverbotes über § 32 StGB. Oder gibt es noch etwas?

  • ganz kurz und knapp, grundsätzlich nein.... es gibt Bereich behördlicher/staatlicher Aufträge wo es unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.

  • Unmittelbarer Zwang?
    Jenseits der BewachV militärischer Anlagen mit Befugnissen nach dem UZwGBW ausgeschlossen.


    Aber warum suchst Du nur Rechtsgrundlagen für unser Handeln im StGB?
    Im BGB stehen ebenfalls mehr als ausreichende Rechtsgrundlagen für unser Handeln.
    Und gerade wenn es darum geht, einen Besitzstörer rechtlich aus dem Hausrechtsbereich zu bekommen, ist das BGB die beste Wahl.
    Gewaltanwendung auch hierüber ggf. erlaubt.

  • Wird eigentlich in der Unterrichtung oder der Vorbereitung auf die Sachkundeprüfung nicht auf die Rechte aus dem BGB eingegangen?

    "Was ich anpacke, klappt immer..... ...manchmal
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  • Laut aktuellem Rahmenstoffplan für die Sachkundeprüfung sind vorgesehen (und können damit auch geprüft werden):


    Voraussetzungen und Grenzen von zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründen:
    -Notwehr (§ 227 BGB)
    -Verteidigungsnotstand (§ 228 BGB)
    -Angriffsnotstand (§ 904 BGB)
    -Allgemeine Selbsthilfe (§§ 229, 230 BGB)
    -Selbsthilfe des Besitzers (§ 859 BGB)


    Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (geeignet, erforderlich und angemessen)


    Abgrenzung zu den Rechtfertigungsgründen des StGB


    Sonstige relevante Bereiche:
    - Besitzdiener (§ 855 BGB)
    - Übertragene Rechte ( z.B. Hausrecht)
    -Selbsthilfe des Besitzdieners (§ 860 BGB)
    -Schikaneverbot (§ 226 BGB)
    - Unerlaubte Handlungen
    - Schadensersatzpflicht (§ 823 BGB)
    - Haftung des Tierhalters (§ 833 BGB)
    - Verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB)
    - Unterscheidung Eigentum / Besitz (§ 903/ §§ 854ff)
    - Begriff der Sache (§ 90 BGB) und der Tiere (§ 90a BGB)


    Meine Erfahrungen bei den Prüfungen zeigen allerdings, das es hier bei den meisten Prüflingen für die Sachkundeprüfung finster bis ganz finster aussieht. Beim § 229 BGB herrscht z.B. fast immer tiefe Ahnungslosigkeit.

  • So kenne ich es auch - bei den "Frischlingen" und auch bei den alten Hasen.


    Und wenn man denen mal die weitreichenden Möglichkeiten und die rechtlichen Grenzen aufzeigt, versteht der Großteil nur noch Bahnhof.

  • Zitat von stinkefuchs

    So kenne ich es auch - bei den "Frischlingen" und auch bei den alten Hasen.


    Und im Gegensatz zu den alten Hasen habe ich einen Defizit erkannt und versuche ihn momentan zu beheben.


    Allerdings verstehe ich den Hinweis aufs BGB nicht. Ich habe auch die aufgelisteten Themen überschlagen, allerdings finde ich da nichts passendes.

  • Zitat von Frank.R


    Allerdings verstehe ich den Hinweis aufs BGB nicht. Ich habe auch die aufgelisteten Themen überschlagen, allerdings finde ich da nichts passendes.


    Eigentlich war meine Frage vorhin eher rhetorisch gemeint, denn ich weiss durchaus, dass diese Themen auch Teil der Unterrichtung bzw. Sachkundeprüfung sind...


    Wenn ich jetzt allerdings das von Dir lese, kommen mir wirklich Zweifel daran, ob das auch tatsächlich überall angesprochen wird (von "durchnehmen" kann ja bei diesen Veranstaltungen nicht die Rede sein).


    Wenn Du wenigstens schon mal davon gehört hättest, könntest Du mit den von Nemere freundlicherweise genannten Vorschriften durchaus etwas anfangen, bzw. den Sachverhalt mit Hilfe dieser Vorschriften lösen.


    Natürlich steht im BGB nicht "wenn da jemand auf dem Boden sitzt und andere stört oder durch seine Beine eine Stolperfalle entsteht, darf man ihn entfernen".
    Nein, das BGB (im Grundsatz alle Gesetze) regelt keine speziellen Einzelfälle, sondern regelt abstrakte Sachverhalte, unter die der spezielle Einzelfall eingeordnet ("subsumiert") werden muss. Auf diese Weise schafft man es, zig verschiedene Einzelfälle mit wenigen Vorschriften zu regeln. Oder anders gesagt: Mit ein und denselben Paragraphen lassen sich unterschiedliche Sachverhalte regeln.


    Also: Was haben wir?
    Wir haben einen Besitzer (Betreiber EKZ), wir haben einen Besitzstörer (der, der auf dem Boden liegt) - und wir haben einen Besitzdiener (wir, die per Bewachungsauftrag die Ausübung des Hausrechts übertragen bekommen haben und damit für den Besitzer tätig werden).



    Kommst Du mit diesen Tipps etwas weiter, wenn Du Dir jetzt nochmal die von Nemere genannten Vorschriften anschaust?

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  • Zitat von guardian_bw


    Kommst Du mit diesen Tipps etwas weiter, wenn Du Dir jetzt nochmal die von Nemere genannten Vorschriften anschaust?


    Okay, dann kann ich die Person notfalls mit Gewalt nach § 860 BGB rauswerfen. Und das, was ich dann anwende, ist Gewalt und kein Zwang.


    Aber wieso verweist ihr auf das BGB. Kann ich nicht dem Störer einfach ein Hausverbot erteilen und wenn er nicht geht, ihn per Notwehr rauswerfen?

  • Warum willst Du aus dem Zivilrecht raus (da bist Du ja mit dem Hausverbot bereits mitten drin) und den Umweg über das Strafrecht gehen, wenn im Zivilrecht bereits alle notwendigen Rechtsgrundlagen enthalten sind?


    Das Zivilrecht (BGB) ist zudem auch in vielen Dingen wesentlich "benutzerfeundlicher" als die strafrechtlichen Rechtsgrundlagen, und bietet unsereins auch weit mehr Rechte als strafrechtliche Vorschriften.

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  • Wo ist da der rechtswidrige und notwehrfähige Angriff?
    Er macht ja nicht wirklich was...


    Ich bin gespannt, wer zum Schluss beim Privatklageverfahren noch in diesem Thread mitspielt...

  • Sollen wir das mal komplett aufdröseln, Fuchs?


    Vielleicht sollten wir wirklich mal ne Schulungseinrichtung aufmachen und Geld dafür kassieren...

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  • Zitat von guardian_bw

    Warum willst Du aus dem Zivilrecht raus (da bist Du ja mit dem Hausverbot bereits mitten drin) und den Umweg über das Strafrecht gehen, wenn im Zivilrecht bereits alle notwendigen Rechtsgrundlagen enthalten sind?


    Das Zivilrecht (BGB) ist zudem auch in vielen Dingen wesentlich "benutzerfeundlicher" als die strafrechtlichen Rechtsgrundlagen, und bietet unsereins auch weit mehr Rechte als strafrechtliche Vorschriften.


    Das BGB setzt ja eine Besitzstörung voraus. Aber habe ich die immer?


    Während ich im StGB einfach ein Hausverbot erteilen kann, u.U. sogar willkürlich und dann per Notwehr jemanden rauswerfen kann.


    Wenn mann der Wiki folgt, ist ein Hausfriedensbruch notwehrfähig.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Hausfriedensbruch_(Deutschland)#Abwehr_von_Hausfriedensbruch

  • Die Besitzstörung hast Du ja im vorliegenden Fall...


    Und das Hausverbot erteilst Du nochmal nach welchem Recht? StGB?


    Meine Herrn, jetzt wirds aber abenteuerlich.



    Ok, also nochmal. Durch das Verhalten des Typen, der da auf dem Boden sitzend andere Kunden belästigt, stört oder behindert, liegt schon mal eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht vor.
    Damit hättest Du die Möglichkeit per Selbsthilfe des Besitzers bzw. Besitzdieners den Typen zu entfernen. Kommt er Deiner Aufforderung das Haus zu verlassen nicht nach, darf das auch mit Gewalt durchgesetzt werden.


    Andere Möglichkeit: Du erteilst dem Penner Hausverbot, weil er andere Kunden belästigt, stört oder behindert. Er weigert sich zu gehen: Voila. Wieder eine Besitzstörung.


    Warum denn immer zwanghaft auf das StGB raus wollen? Das BGB bietet uns im Grunde für alles die passenden Rechtsgrundlagen. Selbst für die Notwehr. Oder sogar eine Festnahme kann ich mit dem BGB begründen und durchführen (dazu brauche ich nicht mal ne Straftat, im Gegensatz zur Festnahme nach 127 (1) StPO).




    Ps: Hausverbot für sich ist eine rein zivilrechtliche Geschichte.
    Das StGB kommt erst ins Spiel, wenn er aufgrund des ausgesprochenen Hausverbots rechtswidrig in meinen 4 Wänden verweilt und damit Hausfriedensbruch begeht.

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  • Zitat von guardian_bw

    Die Besitzstörung hast Du ja im vorliegenden Fall...


    Und das Hausverbot erteilst Du nochmal nach welchem Recht? StGB?


    Das Hausverbot erteile ich nach BGB.
    Und ja, in dem Beispiel habe ich tatsächlich eine Besitzstörung. Aber ich frage mich noch ein Mal, ob ich immer eine Besitzstörung habe, wenn ich jemanden "rausbringe".


    Verrate mir doch mal bitte, was daran falsch wäre, wenn ich jemandem nach BGB das Hausverbot erteile und nach StGB als Abwehr des Hausfriedensbruchs rausbringe?

  • Du erteilst ein Hausverbot, Rechtsgrundlage ist das BGB.
    Du forderst die Person auf, sich zu entfernen.


    Variante 1:
    Die Person folgt Deiner Aufforderung, damit ist der Tatbestand des Hausfriedensbruchs nicht gegeben und auch die Besitzstörung liegt nicht mehr vor.


    Variante 2:
    Die Person folgt Deiner Aufforderung NICHT - jetzt haben wir den Tatbestand des Hausfriedensbruchs nach § 123 StGB (...weil er ohne Befugnis darin verweilt und auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt).
    Gleichzeitig liegt aber auch eine Besitzstörung nach dem BGB vor.
    Diese Besitzstörung kann ich ganz elegant mit Selbsthilfe nach §§ 859, 860 BGB beseitigen, ohne mir Gedanken über die Notwehr des StGB machen zu müssen.


    Die Frage ist, was Dir wichtiger ist
    - Beseitigung der Störung - geht problemlos über das BGB - ODER -
    - strafrechtliche Verfolgung des Hausfriedensbruchs. Dann würde ich ganz einfach die Polizei verständigen, da ich die Staatsgewalt sowieso zur Anzeigeerstattung und für den Strafantrag brauche.

  • Zitat von Nemere

    ' strafrechtliche Verfolgung des Hausfriedensbruchs. Dann würde ich ganz einfach die Polizei verständigen, da ich die Staatsgewalt sowieso zur Anzeigeerstattung und für den Strafantrag brauche.


    Wir kommen gleich noch zum Privatklageverfahren.^^

  • Zitat von Frank.R

    Aber ich frage mich noch ein Mal, ob ich immer eine Besitzstörung habe, wenn ich jemanden "rausbringe".


    Warum bringst Du jemanden raus?
    Aus purer Langeweile hoffentlich nicht, denn dann könntest Du doch mal Probleme bekommen, wenn Du Dein Handeln nicht irgendwie begründen kannst.
    Es wird also immer ein Grund vorliegen. Ich wage auch die Behauptung, dass so gut wie jeder Grund auch gleich eine Besitzstörung darstellen kann.



    Zitat


    Verrate mir doch mal bitte, was daran falsch wäre, wenn ich jemandem nach BGB das Hausverbot erteile und nach StGB als Abwehr des Hausfriedensbruchs rausbringe?


    "Falsch" ist relativ. Es ist einfacher und auch vor allem für Dich sicherer, im Zivilrecht zu bleiben.


    Davon abgesehen:
    Ich habe mal gelernt, dass ich möglichst Massnahmen im gleichen Rechtsbereich beende, in dem ich sie auch begonnen habe.
    Den Schwenk zum anderen Recht kann ich notfalls noch immer nehmen, wenn sich andere Sachverhalte ergeben, die ein solches Vorgehen dann notwendig machen. In unseren Tätigkeitsbereichen wäre das aber nur schwer vorstellbar, denn unsereins muss niemand als Beschuldigten belehren, wenn er während einem völlig anderen Anlass erkennt, dass da das Gegenüber vielleicht eine Straftat begangen haben könnte.
    Unsereins unterliegt auch keinem gesetzlichen Strafverfolgungszwang, der uns vorschreibt, sämtliche uns bekannt gewordene Straftaten zur Anzeige zu bringen. Womit wir dann möglicherweise gezwungen würden, Massnahmen nach der StPO durchzuführen.


    Unsereins ist im Grunde völlig im Zivilrecht beheimatet. Wir können, wenn es notwendig erscheint und die dafür notwendigen Voraussetzungen vorliegen, auch auf bestimmte Rechtsgrundlagen bzw. Rechtfertigungsgründe aus dem Straf(prozess)recht zurückgreifen. Wir müssen es aber nicht. In so gut wie keinem Fall.


    Letztenendes kommt es auf die Zielsetzung an, was man erreichen will. Wie Nemere schon ausführte.

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  • Zitat von stinkefuchs


    Wir kommen gleich noch zum Privatklageverfahren.^^


    Könnte witzig werden...







    ...bin dabei.

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